Flugplatz Berlin-Gatow
Die Geschichte - Teil 1
Gatows Historie in Kürze
Die erste Erwähnung der militärischen Nutzung des Geländes 1752. Einrichtung durch Friedrich den Großen als
Scheinbastion. Auf der Höhe des heutigen Haupteinganges befanden sich Geschützstellungen, die Bastion lag in
Richtung Halle 9.Bis Ende des 19. Jahrhunderts mehrfach Aufmarschplatz für Manöver. Ab etwa 1925 Segelflug von
den Hellen Bergen im Norden aus Richtung Ritterfelddamm.
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Ab 1934 Aufbau des Fliegerhorstes und der Luftkriegsschule unter der Tarnbezeichnung "DVS Groß
Glienicke".
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Erste Ausbildung ab Herbst 1935 noch ohne Flugbetrieb.
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Aufnahme des Flugbetriebes ab zweitem Halbjahr 1936.
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Fliegerische Ausbildung bis in den April 1945.Ab Februar 1945 verschiedene Kampfeinheiten in Gatow,
einzelne Staffeln der JG 1, JG 11 und EJG 1.
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26./27. April 1945 Einnahme des Platzes durch die Rote Armee.
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1. Juli 1945 Übergabe an die RAF als "No. 19 Post Station".
Während der Luftbrücke, Einfliegen von Kohle über Kladow und Öl über den Wannsee. Luftüberwachung des
britischen Sektors von Gatow aus.
Übergabe des Flugplatzes an die 3. Luftwaffendivision im September 1994.
Auflösung der 3. Luftwaffendivision im Juni 2006.
Gatow - Ein Flugplatz in turbulenten Zeiten
Nach 1933 verwandeln Hitler und seine Gefolgsleute Deutschland in eine nationalsozialistische Diktatur. Gleichzeitig
beginnt ein gigantisches Aufrüstungsprogramm als Vorbereitung für spätere Eroberungskriege. 1934/35 werden in
Berlin-Gatow die Luftkriegsschule, Luftkriegsakademie und die Lufttechnische Akademie für die Luftwaffe als
Ausbildungsstätte errichtet. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges übernimmt die Royal Air Force (RAF) den Platz
aus der Hand der Roten Armee.
Im Juni 1948 startet eine bis heute einmalige Aktion zur Versorgung der drei Westsektoren der geteilten Stadt Berlin
während der sowjetischen Blockade: "Die Luftbrücke". Die Flugplätze Tempelhof, Gatow, später Tegel sowie die
Wasserflächen der Havel werden als Drehscheibe für die Luftbrücke genutzt. Gatow dient der RAF bis 1994 als
Militärflugplatz für den britischen Sektor von Berlin.
Nach der deutschen Einheit wird die Liegenschaft, nach Abzug der Briten, der Luftwaffe der Bundeswehr
übergeben. Aus Feinden werden Verbündete und Freunde. Aus einem im Kalten Krieg gespaltenen Europa entsteht
ein demokratisches, in Frieden und Freiheit geeintes Deutschland mit Berlin als Hauptstadt. Gatow ist ein
Mikrokosmos, der die jüngste deutsche Geschichte im Kleinen widerspiegelt.
Das Projekt - Die Planung
Der Aufbau der Wehrmacht soll möglichst schnell und zunächst geheim erfolgen. "Reklamestaffeln" ist die
Tarnbezeichnung für die ersten fliegenden Einheiten. Das Offizierkorps der Luftwaffe wächst aus einem geheimen
Kader von 350 Mann im Jahr 1933 auf 15 000 Offiziere im Jahr 1939. Für diese ungeheure Vermehrung braucht
man vor allem Ausbildungseinrichtungen. Das Gelände nordwestlich der früheren Dörfer Kladow und Gatow ist
wegen seiner langgezogenen, freien Fläche für den Standort eines Flugplatzes besonders geeignet und bietet
zudem die Vorteile der Nähe zur "Reichshauptstadt".
Schon in den zwanziger Jahren ist hier Segelflug betrieben worden. Erst nach der "Enttarnung" der Luftwaffe im
März 1935 wird das Projekt beiderseits des heutigen Kladower Damms offengelegt: Bau einer Luftkriegsschule im
Norden und der Luftkriegsakademie, wie der Lufttechnischen Akademie, im Süden auf dem Gebiet des heutigen
Krankenhauses "Havelhöhe".
Der Bau
Über 4000 Arbeiter stellen innerhalb von nur einem Jahr bis zum Herbst 1935 die Gebäude der Kaserne im
Hottengrund und der Luftkriegsakademie fertig. Dazu gehört ebenfalls die Luftkriegsschule mit einem Start- und
Landeplatz sowie zehn unterschiedliche Flugzeughallen und eine größere Anzahl von Gebäuden. Die Baukosten
betragen zirka 55 Millionen Reichsmark. Vorher entstehen Unterkünfte für die Bauarbeiter. Die "dörfliche Idylle" in
Kladow und Gatow verändert sich, das Militär prägt zunehmend das Erscheinungsbild. Nicht nur in Berlin, sondern
im gesamten Reichsgebiet schießen die Militärbauten wie Pilze aus der Erde.
400 000 Arbeiter sind täglich auf den Baustellen und im vorbereitenden Gewerbe im Einsatz. Sie alle werden so ein
wichtiger Teil des durch die Aufrüstung getragenen wirtschaftlichen Aufschwungs. Bauten und Architektur Die
Bauten der neuen Luftwaffe weichen vom überkommenen Bild der Kasernenarchitektur ab. Der historisierende
Architekturstil zielt auf Repräsentation. Großzügigkeit ist bestimmend. Die, für die Ausbildung notwendigen,
Einrichtungen werden durch Sporthallen und Schwimmhallen sowie anderen Freizeiteinrichtungen ergänzt. Zum
Schutz gegen Luftangriffe müssen die Architekten zwei Bedingungen erfüllen: Auflockerung der Gesamtanlage
durch Rasenflächen und Blumenbeete und Tarnung der Gebäude durch Nutzung von Waldgelände.
Die Gesamtkonzeption des Bauvorhabens ist Ernst Sagebiel übertragen, als Schöpfer des Reichsluftfahrtministeriums
und der Flughäfen Berlin Tempelhof und München-Riem, der profilierteste Architekt im Umfeld der Luftwaffe. Die
Baupläne werden von den Architekten Binder, Braun und Grunzenhauser entworfen. Die Unterkunfts- und
Lehrsaalgebäude sind ein- und zweigeschossige Putzziegelbauten mit Walmdächern. Sie werden großzügig um
einen Innenhof gruppiert und sind mit Säulengängen verbunden.
Die Eröffnung
Nachdem der Weltöffentlichkeit die Existenz der Luftwaffe relativ unspektakulär mitgeteilt wird, begleitet die
Propaganda im folgenden Jahr lautstark die Aufstellung neuer Geschwader und Dienststellen. Mit Fahnenweihen,
Verleihen von Traditionsnamen und Luftparaden gaukelt man dem In- und Ausland eine über die Realität
hinausgehende Stärke des neuen Wehrmachtsteils vor.
Der 21. April, der Todestag des erfolgreichsten Jagdfliegers im Ersten Weltkrieg Manfred von Richthofen, wird als
"Tag der Luftwaffe" begangen. Am 21. April 1936 werden in Gatow den Verbänden der Luftwaffe durch den
Oberbefehlshaber der Luftwaffe Hermann Göring die Truppenfahnen verliehen. Das Vorzeigeobjekt Als sich die
Stellung des nationalsozialistischen Regimes innenpolitisch gefestigt hat, werden deutsche Staatsbürger aus
politischen oder rassistischen Gründen zunehmend verfolgt. Jüdische Soldaten werden aus der Wehrmacht
ausgestoßen. Das Regime ist bemüht, seine verbrecherischen Seiten hinter spektakulären Erfolgen,
Vorzeigeobjekten und Schaustellungen zu verbergen.
Das Vorzeigeobjekt
Als sich die Stellung des nationalsozialistischen Regimes innenpolitisch gefestigt hat, werden deutsche Staatsbürger
aus politischen oder rassistischen Gründen zunehmend verfolgt. Jüdische Soldaten werden aus der Wehrmacht
ausgestoßen. Das Regime ist bemüht, seine verbrecherischen Seiten hinter spektakulären Erfolgen,
Vorzeigeobjekten und Schaustellungen zu verbergen.
Als "Vorzeigeflugplatz" in der Nähe der Reichshauptstadt ist Gatow ein beliebtes Ziel für hochrangige Besucher
Deutschlands, so etwa während der Olympischen Spiele 1936. Innerhalb kürzester Zelt geben sich Delegationen aus
Frankreich, Italien und Japan die Klinke in die Hand. Ironie der Geschichte: Um das Ausland mit der
Leistungsfähigkeit der Luftwaffe zu beeindrucken, werden im Januar 1937 und im März 1938 die Anlagen in Gatow
dem britischen Air Marshall E.L Courtney und ihn begleitenden Offizieren im Rahmen Ihrer Besuchsreisen
vorgeführt. Gut sieben Jahre später, nach dem Scheitern der nationalsozialistischen Weltherrschaftspläne,
übernimmt die Royal Air Force Berlin-Gatow für fast fünf Jahrzehnte.
Die Luftkriegsschule - Der Auftrag
Seit dem 1. August 1935 werden die Luftkriegsakademie, die Lufttechnische Akademie und die Luftkriegsschule
Berlin-Gatow unter dem Kommando von Generalleutnant Otto von Stülpnagel personell aufgestellt. Insgesamt gibt
es vier Luftkriegsschulen in Dresden-Klotzsche, Berlin-Gatow, Wildpark-Werder und Fürstenfeldbruck. Ihr Auftrag ist
die Durchführung der militärischen Grundausbildung sowie der fliegerischen Ausbildung für die zukünftigen
Fliegeroffiziere und des Kriegsschullehrganges für alle Offiziersanwärter der Luftwaffe, also auch der Flakartillerie
und Luftnachrichtentruppe.
Die Luftkriegsakademie dient der Aus- und Weiterbildung von Generalstabsoffizieren. An ihr soll auch die
Luftkriegsdoktrin weiterentwickelt werden. Der Lufttechnischen Akademie obliegt die Weiterbildung von Technischen
Offizieren; sie wird 1937 in die Luftkriegsakademie eingegliedert.
Bei Kriegsbeginn 1939 kann trotz aller Anstrengungen nur die Hälfte der 300 Generalstabstellen der Luftwaffe mit
ausgebildeten Generalstabsoffizieren besetzt werden.
Der Alltag
Der Alltag wird von der Ausbildung dominiert. Zunächst steht die "preußische" Ausbildung zum Soldaten mit
"Griffeklopfen" (Formalausbildung) und Gefechtsdienst im Vordergrund. Danach erfolgt die Ausbildung zum Offizier.
Die Fahrschule ist Bestandteil und willkommene Abwechslung der Schulung. Neben rein Militärischem gehört auch
das Auftreten des zukünftigen Offiziers in der Gesellschaft zum Ausbildungsprogramm. Höhepunkt ist der, durch
Tanzstunden und Benimmkurse vorbereitete, große Abschlussball.
Darüber hinaus stehen in der Kaserne breit gefächerte Möglichkeiten zur sportlichen und musischen Betätigung in
der Freizeit bereit. Sportstätten und Schwimmhallen ermöglichen neben Leichtathletik und Schwimmen auch die
Ausbildung im Boxen und Fechten. Das nahe Berlin sowie das unmittelbare Umland bieten vielfältige Möglichkeiten,
die knapp bemessene Freizeit in Uniform zu nutzen.
Die Ausbildung
An der Luftkriegsschule wird der Offiziernachwuchs für das fliegende Personal ausgebildet. Diese Ausbildung
besteht aus drei Teilen und endet nach drei Jahren. Im ersten Abschnitt erhält der Offizieranwärter seine
militärische Grundausbildung. Dieser folgte eine neunmonatige theoretische und praktische
Flugzeugführerausbildung in den Klassen A1 bis B2.
Danach schließt sich ein Truppenpraktikum an. Im letzten Kurs stehen Taktik, Waffenlehre, Luftgeographie,
Wehrwesen, Kriegsgeschichte sowie die flugtechnischen Fächer im Mittelpunkt. Nach Ablegen der Offizierprüfung
erfolgt, vor der Versetzung in die Truppe, die Wahl zum Offizier durch das Offizierkorps der Luftkriegsschule. Der
durch die wachsenden Verluste zunehmende Bedarf an Flugzeugführern führte ab Ende 1942 zu einer Verkürzung
der Ausbildung um die Hälfte.
Ende Januar 1945 wird die Flugausbildung wegen Treibstoffmangel eingestellt. Die letzten Offiziere werden im März
als Infanteristen zur Fallschirmjägerdivision versetzt.
Text:
- Dr. Jürgen Willisch
Abbildungen:
- Der Text und die Fotos entstammen den Schautafeln der Ausstellung im Hangar 3.
Mit freundlicher Genehmigung des Militärhistorischen Museums - Flugplatz Gatow
Gatows Historie in Kürze:
- Hannes Höppner
Bildlegenden:
- Uwe W. Jack
Der Flugplatz Gatow von Westen her gesehen. Hinten sind die Hangars 6, 7 und 8 im Bild.
Der Oberbefehlshaber der Luftwaffe Hermann Göring betrachtet ein Modell der künftigen
Kriegsschule Gatow. Rechts steht Erhard Milch, der ehemalige Direktor der Lufthansa.
Durch viele Grünflächen aufgelockerte Gebäude prägen das Gesicht von Gatow.
Parade zum Tag des Fliegers 1939. Vorne steht die FW 44 Stieglitz D-EAQU, daneben
eine Ar 66 vermutlich D-IQOR, in der letzten Reihe die Ju 52 D-ADIZ und D-AJEN.
Laboratorien und Sporthalle mit dem Kühl- und Löschwasserteich der Luftkriegsakademie.
Eingang zum Hauptgebäude der Technischen Akademie der Luftwaffe.
Angehörige der LKS 2 mit Damen.
Die spannenden Sekunden vor dem Alleinflug in der Bü 131 "Jungmann".