Focke-Wulf Fw 190 A-8/R-2
mit BMW 801
Bei Straßenbauarbeiten bei Pulheim nahe Köln wurden 2003 die Überreste eines Flugzeugs im Boden entdeckt. Wie
wir heute wissen, handelt es sich um die Focke-Wulf Fw 190 A-8/R-2 mit der Werknummer 682 060.
Die Maschine war schwer gepanzert und in den Flügeln mit verstärkter Bewaffnung durch 30-mm-Kanonen MK 108
ausgerüstet. Eine aufgefundene Erkennungsmarke verschaffte Klarheit über Pilot und Schicksal der Maschine.
Der letzte Flug der Fw 190
Die Fw 190 A8/R-2 des Militärhistorischen Museums Berlin-Gatow wurde von Leutnant Rolf Lahne geflogen. Er war
Angehöriger der 16. Staffel in der IV. Gruppe des Jagdgeschwaders 3. Gegen 10.30 Uhr am 17. Dezember 1944
erhält der Verband auf dem Platz Gütersloh den Startbefehl zu einem Tiefangriffeinsatz im Rahmen der
Ardennenoffensive der Wehrmacht an der Westfront.
Leutnant Lahne besteigt seine Werknummer 682 060 mit dem Kennzeichen “rote 5”, startet gegen 10.50 Uhr mit
seinem Rottenflieger Unteroffizier Werner Talkenberg und dreht dann in Richtung Südwesten. Im Raum Köln werden
die beiden Maschinen und weitere Flugzeuge des JG 3 von amerikanischen Thunderbolt angegriffen. Eine heftige
Kurbelei entspinnt sich. Es handelt sich um amerikanische Jäger der 373. Fighter Group. Uffz. Talkenberg verfolgt
eine P-47 und verliert dabei seinen Rottenkameraden kurz aus den Augen. Ihm gelingt der Abschuss des
Amerikaners. Dann entdeckt er die “rote 5” von Lt. Lahne, die von Thunderbolts verfolgt wird nördlich von Köln.
Kurz darauf beobachtet er Treffer an der Fw 190, wie sie in Flammen aufgeht und senkrecht abstürzt - einen
Fallschirm sieht er nicht. Die Amerikaner melden zwei Fw 190 bei diesem Luftkampf als abgeschossen. Aus einer
Maschine hatte der Flugzeugführer mit dem Fallschirm aussteigen können. Es handelte sich um Leutnant Hecker der
15./JG 3. Ein Jäger P-47 wird von der 373. FG als vermisst gemeldet. Ein amerikanischer Pilot landet in diesem
Kampfraum verletzt am Fallschirm, erliegt aber später seinen Verletzungen.
Da Talkenberg wieder angegriffen wird, kann er einen Aufschlag von Lahnes Maschine nicht beobachten und wird
auch während des Luftkampfes weit abgetrieben, sodass er sich an die genaue Absturzstelle nicht erinnern kann.
Aus der Gegend wird kein deutsches Flugzeug als abgestürzt gemeldet, welches zur “roten 5” passen könnte. Seit
dem 17. Dezember 1944 gilt Leutnant Rolf Lahne deshalb als verschollen. Er hatte am 2. Dezember einen
viermotorigen Bomber B-24 abgeschossen, jetzt ereillte ihn selbst dieses Schicksal. Eines der vielen ungeklärten
Fliegerschicksale, selbst über dem Reichsgebiet.
(Nach Recherchen von Heinz Jirousek)
Leutnant Rolf Lahne
Der Flugzeugführer der “roten 5” wurde am 4. Juni 1924 in Grabow im Havelland geboren. Nach dem Abitur
meldete sich Rolf Lahne freiwillig zur Luftwaffe. Mit Ende seiner Ausbildungszeit wurde er am 1. Juni 1943 zum
Leutnant befördert und am Ende des Monats als Flugzeugführer zum Kampfgeschwader 3 an die Ostfront versetzt.
Hier flog Lahne mit der Junkers Ju 88. Nach 60 Feindflügen erhielt er die Silberne Frontflugspange am 3. Dezember
1943. Er muss bei einem Einsatz verwundet worden sein, denn an weiteren Auszeichnungen wurde ihm das
Verwundetenabzeichen und später das Eiserne Kreuz zweiter und dann erster Klasse zugesprochen.
Nach Auflösung des KG 3 im August 1944 kam Leutnant Lahne zum Zerstörergeschwader 76 und flog dort die
Messerschmitt 410 in der Reichsverteidigung. Bei diesen Einsätzen wurde seine Maschine abgeschossen, sein
Bordschütze getötet und Lahne verwundet. Darauf wurde Lt. Lahne zum Jägerpiloten umgeschult und flog ab
Oktober 1944 die Focke-Wulf 190 in der IV. Gruppe des Jagdgeschwaders 3.
Seine Verbände beurteilten den jungen Soldaten als geradlinig, mit ehrlichem Charakter und selbstbewusst sowie
mit hoher Einsatzbereitschaft.
(Nach Recherchen von Heinz Jirousek)
Die Bergung der “roten 5”
Bei den Vorarbeiten zum Bau einer Bundesstraße wurde bei Pulheim, nördlich Köln auf Luftaufnahmen aus dem
Krieg eine Einschlagstelle auf der zukünftigen Trasse gefunden. Es hätte sich um einen Blindgänger handeln
können, beim Baggern kamen jedoch Blechteile zum Vorschein.
Der Kampfmittelräumdienst identifizierte die völlig verbogenen Blechteile und vielen Blechfetzen anhand der
größeren Fundstücke als Focke-Wulf 190. Üblicherweise bleiben selbst bei heftigen Abstürzen massive Teile wie
Motoren, Fahrwerksbeine, Bordwaffen und Panzerplatten gut erhalten. So war es auch bei Pulheim.
Die Panzerplatten und Bordkanonen vom Typ MK 108 und dazugehörige 30-mm-Munition wiesen die Fw 190 als
Sturmjäger A-8/R-2 aus. Unter den Blechfetzen wurde eine deutsche Erkennungsmarke mit der Nummer
51617/B438 entdeckt. Anhand dieser Marke konnte die Maschine dem Leutnant Rolf Lahne zugeordnet werden.
Weitere Funde deuteten darauf hin, dass Lahne in der “roten 5” gefallen war. Das Gurtschloss war verriegelt und
Teile des Fallschirms wurden geborgen. Auch wurden an einigen Teilen Brandspuren entdeckt. An persönlichen
Besitztümern konnte ein Taschenmesser gefunden werden.
Hinweise auf den Leichnahm von Rolf Lahne wurden dagegen nicht entdeckt. Die nach etwa sechs Jahrzehnten
eventuell noch vorhanden wenigen Spuren waren vermutlich beim Baggern verwischt worden. So gilt Rolf Lahne,
trotz der Hinweise auf seinen Verbleib in der brennenden Maschine bis zum Aufschlag, noch heute als vermisst.
Die “rote 5” als zentrales Objekt der neuen Ausstellung in Gatow
Die noch bis zum Sommer 2016 im Hangar 3 des Militärhistorischen Museums in Berlin-Gatow gezeigte Ausstellung
wird intensiv überarbeitet. Dafür wird der Hangar, der sich der Geschichte der deutschen Luftstreitkräfte widmet, bis
2017 geschlossen.
Das Museum erarbeitet eine neue Konzeption zur Darstellung des Luftkriegsgeschehens der beiden Weltkriege und
der Konfrontation der beiden Machtblöcke während des Kalten Krieges. Einige bislang gezeigte Objekte,
hauptsächlich Nachbauten von Flugzeugen der Zeit des Ersten Weltkriegs, werden nicht mehr in der neuen
Ausstellung gezeigt werden. Man legt in Gatow gesteigerten Wert auf die Präsentation von wirklichen
Originalstücken. Die Darstellung des Zweiten Weltkrieges wird sich um die Focke-Wulf Fw 190 A-8/R-2 herum
aufbauen. Die bisher dort platzierte Messerschmitt Bf 109 G-2 (eigentlich ein spanischer Nachbau) wird an das
Museum Rechlin ausgeliehen.
Stärker berücksichtigt wird auch der Schulungscharakter des Museums. In Gatow sollen junge Soldaten einen
Einblick in die Wirklichkeit von Konflikten und Kriegen erhalten.
Text:
- Uwe W. Jack
Abbildungen:
- Mit freundlicher Genehmigung des Militärhistorischen Museums - Flugplatz Gatow
und Sammlung Uwe W. Jack
So sehen Motoren aus Absturzbergungen typischerweise aus: Hier ein sehr gut erhaltener
BMW 801. Es ist offensichtlich, das aus solchen Wracks kein präsentables Ausstellungsstück
mehr hergerichtet werden kann. Hier können nur noch Kleinteile verwendet oder Baugruppen
als Vorlage für den Nachbau herhalten.
Der BMW 801 D-2 der Focke-Wulf 190 A-8 war ein richtiges Kraftpaket mit einer
Startleistung von 1700 PS bei 1010 kg Trockenmasse. Über 20 000 Exemplare
wurden während des Krieges gebaut.
Bauzustand der Fw 190 A-8/R-2 Anfang 2016. Viele Teile sind schon fertiggestellt,
aber noch nicht montiert. 2017 soll die Maschine der Öffentlichkeit präsentiert werden.
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Im Frühjahr 2016 fehlt noch Einiges im Cockpit der Fw 190.
Leutnant Rolf Lahne
Foto: WASt
Einbauten in der Rumpfmitte. In Gatow sind die unteren Deckel am Rumpf noch nicht
montiert und gestatten so einen Blick ins Innere. Links die Sauerstoffkugeln und rechts
der Treibstofftank, der an Gurten aufgehängt ist.
Die schwere Bewaffnung beim Sturmjäger Fw 190 A-8/R-2:
- 2 x MG 131 (13 mm) über dem Motor
- 2 x MG 151 (20 mm) im Innenflügel
- 2 x MK 108 (30 mm) im Aussenflügel
Rechts : Einbau des MG 151 in Gatow.
Der in der für die Ausstellung vorbereiteten Maschine verbaute Motor BMW 801 ist nicht der
bei Köln geborgene Originalmotor. Eine Aufarbeitung des verbogenen und völlig verrosteten
Fundstücks war nicht möglich. Der Ausstellungsmotor stammt aus einem anderen Museum.
Noch herrscht im Restaurationshangar rund um die Fw 190 hohe Betriebsamkeit. Im
Vordergrund ist die Kabinenhaube (alten Typs) der Maschine zu sehen. Bald wird
dieses Flugzeug Kernstück einer neuen Ausstellung sein.