Kurt Wahmke wurde am 2. März 1904 in Göttingen als
zweites Kind von Universitäts-Verwaltungsinspektor Albert
Wahmke und Frau Auguste geboren. Die evangelische Taufe
erfolgte am 4. August 1904.
Weitere Geschwister waren der Bruder Heinrich und die
Schwestern Elfriede und Irmgard.
1906 erfolgte der Umzug nach Berlin.
Zu Ostern 1910 begann die Vorschule am Realgymnasium
Berlin-Pankow, nach einem weiteren Umzug ging Kurt
Wahmke zur Vorschule am Königsstädtischen
Realgymnasium.
1922 legte er im September die Reifeprüfung ab, von der
mündlichen Prüfung wurde er befreit.
Im Zeitraum von 1923 bis 1927 studierte er an der Friedrich-
Wilhelm-Universität in Berlin, bei den Nobelpreisträgern Prof.
Walter Nernst Chemie und Max von Laue Physik.
Weitere bedeutende Persönlichkeiten, die sein Studium
beeinflussten, waren Dr. Alfred Vierkandt, der ungarische
Mathematiker Dr. Szego, sowie der Physikprofessor Arthur
Wehnelt.
Letzterer hatte enge Kontakte zur militärischen Forschung
aus der Zeit des Ersten Weltkrieges, besonders im Bereich
der Nachrichtentechnik. Er wird zur Schlüsselfigur beim
Wechsel von Kurt Wahmke zum II. Physikalischen Institut
unter Leitung von Prof. Erich Schumann.
Kurt Wahmke studierte ursprünglich für das Lehramt mit zwei
Arbeiten zum Thema: "Von Einstein wurde 1917 ein Beweis
der Plankschen Strahlungsformel unter Benutzung des
Bohrschen Atommodells gegeben, dieser Beweis ist kritisch
zu behandeln und zu erläutern"
und "Die Geschichte des Aluminiums, seine Darstellung und
Verwendung in der Technik".
Ausbildung und Pflichtzeit
Am 25. November 1927 tritt Kurt Wahmke in den sogenannten
Vorbereitungsdienst ein und absolviert seine Pflichtzeit.
Von Juli bis September 1928 arbeitete er wissenschaftlich in
der Kulturabteilung der "Agfa" Filmfabrik in Berlin.
Von Oktober 1928 bis September 1929 arbeitet er an der
Oberrealschule in Steglitz und von Oktober 1929 bis
September 1930 an der Oberrealschule Burg zu Königsberg.
Von Oktober 1930 bis September 1931 ist er als
Studienassessor am staatlichen Gymnasium in Rössel/Ostpr.
für die gesamten mathematischen und
naturwissenschaftlichen Unterricht der Oberschule zuständig.
In der Zwischenzeit muss sich Kurt Wahmke nach seiner
Musterung in Berlin einer zweiwöchigen militärischen
Grundausbildung auf dem Truppenübungsplatz Altengrabow
bei Magdeburg unterziehen.
Auf Grundlage seiner hervorragenden chemischen und
physikalischen Kenntnisse versuchte sich Kurt Wahmke auch
praktischen Erfahrungen im Bereich der Wirtschaft
anzueignen. Bereits in seinem Studium hatte er unter Arthur
Wehnelt praktische Übungen - auch im Bereich der Optik -
durchgeführt und sich in seiner Freizeit mit Fotografie
beschäftigt und eigenständig Foto-Entwicklerlösungen
hergestellt, um Bilder selbst entwickeln zu können.
Über seine einjährige Assessorenzeit in Rössel sind uns durch
einen früheren Schüler Erwin Poschmann nur durchweg
positive Erinnerungen überliefert - er schrieb: "Wahmkes
Physik und Chemieunterricht war großartig. Es knallte und
zischte in seinen Stunden wie nie zuvor. Durch seine
lebendige Darstellungsweise wuchs mein Interesse für diese
Fächer so sehr, dass ich später als Lehrer selber wie ein
Fachmann experimentierte. Meine Explosionsgemische waren
natürlich bescheidener als die Wahmkes, aber auch recht
wirkungsvoll. Schade, dass Dr. Wahmke später ein Opfer der
Raketenversuche wurde! Die Kunde davon drang trotz der
Geheimhaltung auch nach Rössel und versetzte Lehrer und
Schüler in aufrichtige Trauer. Übrigens war Wahmke auch
einer der besten Mathematiklehrer, die wir an der Rösseler
Penne hatten. Er wusste die geistig Lahmen und Trägen zu
beflügeln - schwierige Konstruktionsaufgaben und
Gleichungen wurden plötzlich interessant und die schlechten
Zensuren seltener. Wer bei ihm nicht kapierte, dem war
wirklich nicht mehr zu helfen."
Besondere Achtung und Anerkennung verdiente sich der junge
Studienassessor Wahmke, als er sich mit großem
persönlichem Einsatz für die Einrichtung eines Experimentier-
und Versuchsraumes einsetzte. Wir würden einen solchen
Raum heute als chem.-physikalisches Kabinett bezeichnen.
Vermutlich in Erinnerung an seine Studienzeit mit den
exzellenten Möglichkeiten zum Studieren und praktischen
Unterweisungen, wollte er seinen Schülern möglichst
gleichwertige Bedingungen schaffen.
Ab 1. Oktober 1931 übernahm Kurt Wahmke an der
Heeresfachschule für Wirtschaft in Potsdam seine Tätigkeit als
Studienassessor auf. Gleichzeitig begann er sich Ende 1931
als Doktorand mit Forschungsaufgaben auf dem Gebiet des
Flüssigkeitsantriebes für Raketen in Kummersdorf vertraut zu
machen. Er war damit der erste Doktorand der an der
Zentralstelle für Heeresphysik und Heereschemie (Wa Prw Z)
unter Leitung von Ministerialrat Dr. Erich Schumann
Grundlagenforschung betrieb.
Am 4. Juni 1932 machte Wahmke Versuche mit dem
Raketenofen auf der Schießbahn West bei 7.135 m. Ab
September 1932 wurden die Versuche auf dem Prüfstand II der
Versuchsstelle West mit neuen Messgeräten fortgeführt. Bei
seinen Untersuchungen nutzte er hauptsächlich gasförmigen
Sauerstoff in Kombination mit gasförmigem Wasserstoff oder
wasserverdünnten Alkohol. Dazu hatte er zwei einfache
Versuchstriebwerke entwickelt, die bis 1937 für Versuche
genutzt wurden.
Mitte 1933 legte er seine Forschungsergebnisse in einer
Dissertation Dr. Schumann und Prof. Wehnelt vor, die diese mit
viel Lob annahmen. Der Titel der Doktorarbeit lautete:
"Untersuchungen über die Ausströmung von Gasen durch
zylindrische Düsen". Unter Aktenzeichen "Wa Prw Z Drg 1/34"
wurde sie zur Aufbewahrung dem Reichskriegsministerium
übergeben und als Geheim eingestuft.
Ab März 1934 beschäftigte sich Dr. Kurt Wahmke mit
Untersuchungen zu vorgemischten Treibstoffen mit einem von
den Heylandt-Werken in Berlin-Britz gebauten Triebwerk.
Wasserstoffperoxyd und Alkohol wurden in einem über dem
Triebwerk angebrachten Stahltank gemischt und dann
eingespritzt.
Am 19. Mai 1934 heiratet er Irmgard Borg in
Witzenhausen/Harz, anschließend unternahmen sie eine
Deutschlandreise.
Bei einer Explosion eines Versuchstriebwerkes am 16. Juli 1934
starben Dr. Kurt Wahmke, Alvin Conrad und der Feuerwerker
Friedrich Wilhelm Vollmeke. Bei dem Versuch sollte eine
vorgemischte Lösung aus Wasserstoffperoxyd und Alkohol
verwendet werden.
Nachruf:
Der Schriftsteller Heinz Gartmann setzte dem tödlich
verunglückten Wissenschaftler in seinem Buch "Träumer,
Forscher, Konstrukteure - Das Abenteuer der Weltraumfahrt"
(Econ-Verlag, Düsseldorf) ein Denkmal:
"Als die Me 163 B mit ihrem gleißenden Kometenschweif am
Himmel über Deutschland erschien und die Piloten der
einfliegenden Bomberverbände verwirrte, schrieb man das Jahr
1944. Man hatte mühsam gelernt, mit dem Sprengstoff in der
Flasche umzugehen. Dreizehn Jahre vorher (hier irrt Gartmann:
Es waren nur zehn - der Verfasser) fielen Versuchsleiter Dr. Kurt
Wahmke und zwei seiner Mitarbeiter bei einem Experiment in
der Versuchsstelle West des Schießplatzes Kummersdorf einer
schweren Explosion zum Opfer. Dr. Wahmke hatte
Wasserstoffsuperoxyd und Alkohol in einem Behälter gemischt,
um sie gemeinsam durch ein einziges Ventil in die
Raketenbrennkammer zu schicken. Das war natürlich
ungeheuer gefährlich. Hin und wieder verführt brennende
Wissbegier auch besonnene Forscher zum Leichtsinn. Dr.
Wahmke war sich der Gefahr wohl bewusst. Er forderte seine
Mitarbeiter auf, den Prüfstand zu verlassen. Sie weigerten sich
und blieben. Die Zündung in der Brennkammer übertrug sich
schlagartig auf den gesamten Prüfstand. Dr. Wahmke und seine
2 Mitarbeiter waren sofort tot. Das war die erste und einzige
Explosion bei der Raketenentwicklung des Heereswaffenamtes,
die Todesopfer forderten. Im Laufe der Jahre wurden
verschiedene Tarnbezeichnungen für Wasserstoffsuperoxyd
verwendet. Man nannte es Aurol, Auxilin oder Ingolin. Als "T-
Stoff" ist es schließlich in die Raketenentwicklung
eingegangen."
AG-Zeitgeschichte
Dr. Kurt Wahmke - Tod bei Triebwerksexplosion 1934
1904 bis 1934
Sichtlich bewegt folgen die Tochter von Klaus Wahmke und
ihr Mann 2011 den Ausführungen von Karlheinz Rohrwild vom
Oberth-Museum zur Arbeit ihres Vaters und dem Hergang der
fatalen Explosion. Sie betrachtet dabei den Nachbau des
Versuchstriebwerks, den Klaus Schlingmann angefertigt hat.
Gedenksteine für Dr. Kurt Wahmke damals in Kummersdorf
(existiert nicht mehr) und heute in Berlin.